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Kreuzberger Kiezgespräche: Da müssen wir durch – gemeinsam!

Berlin, Frankfurt, Köln, München, Leipzig... - die Städte wachsen. Durch Zuzug und Einwanderung, aber auch durch steigende Geburtenzahlen. Der Trend hält seit einigen Jahren an, doch in vielen Fällen, auch in Berlin, reagierte die Politik zu spät. Weil Erweiterungen und Neubauten nicht rechtzeitig geplant wurden, platzen die Schulen aus den Nähten. Betroffen sind derzeit vor allem die Grundschulen, in den nächsten Jahren werden die Oberschulen folgen.

Berliner Eltern sind kampferprobt und jederzeit bereit zum lauten Protest. Aber auch immer sehr interessiert an konstruktiven Lösungen. In Kreuzberg haben sich fünf Schulen zusammengetan und eine Art Runden Tisch erstritten. Wenn der Platz im eigenen Haus nicht reicht, dann kann vielleicht die Nachbarschaft aushelfen? Kitas, das Quartiersmanagement und andere sind eingeladen darüber nachzudenken, wie externe Räume für die Schule zeitweise genutzt werden können oder durch Kooperation mit Stadtteilzentren oder Jugendeinrichtungen Synergien erreicht werden.

Die Eltern sind optimistisch: "Wir hoffen, dass sich dadurch ein kontinuierlicher Austausch der betroffenen Schulen und aller „player“ vor Ort entwickelt, dass die Räume für schulische Nutzungen durch Synergien mit Externen und intelligente Lösungen erweitert werden können - und vor allem, dass diese Idee auf weitere Schulregionen ausstrahlt."

 

2013 entscheidet der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, die Grundschule E.O. Plauen bis 2019 auslaufen zu lassen. 2015 führt die dadurch notwendig gewordende Änderung der Einschulungsbereiche (ESB) für die umliegenden Grundschulen zu massiven Elternprotesten im Bezirk. Was war geschehen?

Berlin wächst und plötzlich gab es auch an den Grundschulen in Kreuzberg viel mehr Anmeldungen als freie Plätze. Die Schulen hatten sich in den letzten Jahren qualitativ stark verbessert, so dass Familien mit Schulkindern nicht mehr in andere Bezirke abwanderten. So mussten 2 Züge, also zukünftig ca. 300 SchülerInnen, an Schulen verteilt werden, die bereits bis an die Grenzen gefüllt waren, Tendenz steigend.

Der Elternprotest formierte sich zuerst an der Hunsrück Grundschule. Die Schule sollte in den kommenden Jahren 150 Kinder mehr aufnehmen, denn nach den normierten Vorgaben in der Senats-Schulverwaltung gab es dafür genügend Raum. Nicht beachtet wurde, dass damit das deutschlandweit gelobte Konzept der Grundschule, mit rhythmisiertem Ganztagsangebot, also einem erprobten Wechsel zwischen Entspannungs- und Lernzeit in zwei nebeneinanderliegende Räumen pro Klasse, gekippt würde. Die Elternvertretungen der Nachbar-Grundschulen im  Ortsteil Kreuzberg SO 36, die Fichtelgebirge GS, Heinrich-Zille GS, Nürtingen GS und Rosa-Parks GS schlossen sich an, die Solidarität zahlte sich aus. Die ESB-Änderung wurde ausgesetzt und ein Gutachten an der Hunsrück GS in Aussicht gestellt, das den Zusammenhang zwischen Raum und Lernkonzept untersuchen sollte.

Aber das Gutachten wurde verschleppt, die Schulen wurden voller und Anfang 2017 flatterte ein neuer Vorschlag in die Schulhäuser, der sich von den Änderungen in 2015 kaum unterschied. Zum Entsetzen von Bezirk und Schulamt waren wir engagierten Elternvertreter*innen alle noch da.

Nachdem wir einen Kommentar in einem gemeinsamen Brief an den neu gewählten Stadtrat Andy Hehmke (SPD) adressierten, wurden wir zu einem Gespräch eingeladen. Unser Ziel war es, ihn für eine gemeinsame Bildungskonferenz zu gewinnen, in der nach neuen und v.a. nachhaltigen Lösungen für den Bezirk gesucht wird. Wir mussten aber leider feststellen, dass für ihn der Erhalt unserer Schulkonzepte und die gute Qualität der Schulen nachrangig war. Stattdessen interessierten  nur Zahlen und die „Unterbringung“ von Schulkindern. Wir waren sehr frustriert.

Wir wendeten uns an die anderen Fraktionen im Schulausschuss (Bezirkspolitiker = Kommunale Ebene) und nutzten alle Gremien im Bezirk (Elternausschuss und Schulbeirat sowie Bezirksverordnetenversammlung), um klar zu machen, dass die geänderte Zuordnung der SchülerInnen (ESB Änderungen) die Probleme in unserer Region alleine nicht lösen können. Auch die Qualität der Räume und der Erfolg der Schulkonzepte sind wichtig. In dem neuen Lern- und Teamhaus-Konzept für die zukünftigen Schulneubauten wird  der Zusammenhang zwischen Lernkonzept und Raumbedarf deutlich beschrieben.

Das Ergebnis unserer Proteste war ein Öffentlicher Schulausschuss in der Rosa-Parks Grundschule mit zwei rivalisierenden Anträgen von Grünen und SPD/Die Linke, die im Grunde aber auf das Gleiche zielten: Akteur*innen der betroffenen Schulen zusammenbringen, flankierende bauliche und organisatorische Maßnahmen beraten und schnell und unbürokratisch umsetzen. In einer hitzigen Debatte einigten sich die Bezirkspolitiker*innen, einen gemeinsamen Antrag zu verfassen und in die BVV zu bringen. Dieser liegt nun vor und fordert, eine Bildungskonferenz für den Ortsteil Kreuzberg SO 36 einzuberufen und auszurichten. In Vorbereitung dieser Konferenz soll eine Expertise erstellt werden, die untersucht, wie sich Schulkonzepte, die Raumberechnung der Schulen und die zunehmende Anzahl von Schüler*innen vereinbaren lassen.

An der Hunsrück Grundschule werden in einer Arbeitsgruppe mit Elternbeteiligung bereits konkrete Umbaumaßnahmen geprüft, die das Ganztagskonzept der Schule bei wachsenden Schüler*innenzahlen stützen. Die Elternvertreter*innen und Schulleitungen aus SO 36 wurden von der Bezirksbürgermeisterin und dem Stadtrat eingeladen, um die Bildungskonferenz in unserer Schulregion auf den Weg zu bringen. Auch KiTa-VertreterInnen und das Quartiersmanagement sollen einbezogen werden, Ressourcen aquiriert und die Bedarfe berücksichtigt werden. Können externe Räume für die Schule zeitweise genutzt werden, können durch Kooperation mit z.B. Stadtteilzentrum oder Jugendeinrichtung Synergien erreicht werden?

Wir hoffen, dass sich dadurch ein kontinuierlicher Austausch der betroffenen Schulen und aller „player“ vor Ort entwickelt, dass die Räume für schulische Nutzungen durch Synergien mit Externen und intelligente Lösungen erweitert werden können - und vor allem, dass diese Idee auf weitere Schulregionen ausstrahlt.

Ute Lindenbeck
Elternvertreterin an der Fichtelgebirge Grundschule

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