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Alle raus, Schule sanieren, alle wieder rein – vom Lernen in Containern

Werden Schulgebäude saniert, muss der Unterricht oft andernorts stattfinden – oftmals in Containern. Doch was bedeutet das für den Schulalltag? Einblicke gibt Monika Brandl, Lehrerin des Walahfrid-Strabo-Gymnasiums (WSG) in Rheinstetten, die auf 1,5 Jahre des Lernens und Lehrens in Containern zurückschaut.

Wir haben mit ihr gesprochen. Lesen Sie das Interview und erfahren Sie mehr über den Umzug, irritierend weiße Wände, eine erstaunlich gut funktionierende Heizung und fehlenden Platz. Fazit der Pädagogin: "Man konnte mit dieser Raumsituation klarkommen."

 

Nach den Weihnachtsferien 2015 sind SchülerInnen und LehrerInnen des Walahfrid-Strabo-Gymnasiums und der Realschule Rheinstetten nicht wie gewohnt in ihr Schulgebäude zurückgekehrt, sondern in eine Containerschule mit Blick auf ihr ehemaliges Schulgebäude. Die Komplettsanierung des bestehenden Schulgebäudes machte den Auszug nötig. Wie war es für Sie, Ihre KollegInnen und SchülerInnen, die provisorische Containerschule das erste Mal zu betreten?

Wir waren natürlich alle sehr aufgeregt! Von unseren alten Klassenzimmern aus hatten wir in den letzten Wochen verfolgt, wie großen Kranwagen unser neues „Zuhause“ Container um Container aneinanderreihten und aufeinanderstapelten, aber keiner hatte das seltsame Gebäude von innen gesehen. Der Umzug war so organisiert, dass jeder Schüler seinen Stuhl mit in die neue Schule tragen sollte und so sind wir in langen Reihen in ein eigenartig weißes und steril wirkendes Gebäude eingezogen. Die meisten Schüler waren zuerst begeistert, weil alles so neu und sauber wirkte. Meine Klasse hatte leider das Pech, den einzigen Container ohne Teppichboden zu beziehen. Wir hatten dafür einen Linoleumboden – der „Testboden“ für die Gänge in der neuen Schule. Leider stellten wir sehr schnell fest, dass dieser den Schall nicht abdämpft, sondern wunderbar reflektiert. Da haben uns schnell die Ohren geklingelt!

Waren die Sanierung und der Umzug häufig Thema im Unterricht, den Pausen und im Lehrerzimmer? Wie wurde der Prozess von Planung bis Umsetzung begleitet?

Der Umzug war immer wieder Thema in den verschiedensten Kontexten. Schon im Jahr zuvor hatten wir Sorge, dass die Anmeldungen für die neuen fünften Klassen so zurückgehen würden, dass wir keine drei Klassen mehr bilden können. Aber Gott sei Dank haben doch genügend Kinder und Eltern entschieden, dass es sich lohnt, die ersten beiden Jahre in der weiterführenden Schule in Containern zu verbringen und dafür dann in der siebten Klasse in ein ganz neues und gut ausgestattetes Schulhaus umzuziehen. Für uns LehrerInnen war der Umzug eine gute Gelegenheit, uns von vielen „Altlasten“ in den Fachsammlungen zu trennen und beim Kistenpacken haben wir immer wieder kuriose Funde gemacht, wie zum Beispiel Dissertationen von ehemaligen SchülerInnen des WSG aus den Siebzigerjahren, die diese ihren ehemaligen LehrerInnen geschickt und gewidmet hatten. Das Packen der Kisten war nach Fachschaften organisiert und da hatten die Naturwissenschaften natürlich wesentlich mehr zu tun als die Germanisten. Kurz vor den Weihnachtsferien gab es dann zwei Packtage, an denen das Schulhaus zur schülerfreien Zone wurde: An einem Tag ist die gesamte Schule in ein Kino nach Karlsruhe gefahren und am anderen waren alle SchülerInnen Eislaufen. Die KollegInnen, die nicht als Begleitung eingeteilt waren, haben unter Hochdruck gepackt. Das war sehr effektiv und die SchülerInnen fanden die Aktionen super! Unsere Weihnachtsfeier war dann gleichzeitig die Abschied- und Abrissparty. Und das neue Jahr hat im neuen Gebäude begonnen mit vielen Kisten, die nicht immer in die richtigen Räume gefunden hatten, aber letztendlich doch alle wieder aufgetaucht sind, so dass der normale Schulbetrieb erstaunlich naht- und reibungslos weitergelaufen ist.

Welche Befürchtungen oder Bedenken gab es unter den LehrerInnen und SchülerInnen im Vorfeld zum Leben und Lernen in der Containerschule?

Insgesamt waren wir froh, dass die Stadt Rheinstetten sich für die Container-Variante entschieden hat, denn die Optionen, in einem Gebäude zu unterrichten, das nach und nach saniert wird, oder in eine andere Schule miteinzuziehen, schienen uns noch unattraktiver. Sorge bereitete uns die beengte räumliche Situation, das Fehlen einer Aula, das Problem der Wärmeisolierung und die Lärmbelastung in den Containern.

Und was zeigt die Realität nach nun eineinhalb Jahren? Wie ist das Unterrichten, Lernen und Leben in den Containern?

Jetzt nach eineinhalb Jahren sind wir alle froh, dass der Umzug ins neue Gebäude immer näher rückt (auch wenn wir noch nicht wissen, in welchem Zustand das Gebäude beim Einzug sein wird …), denn die Container sind zu den Sommerferien gekündigt. Aber die Stimmung ist mehrheitlich doch eher positiv: Man konnte mit dieser Raumsituation klarkommen. Besonders belastend war tatsächlich die veränderte Akustik in den Räumen und in den Gängen und natürlich ist es in den Sommermonaten in den Containern sehr schnell warm und stickig. Die Heizung – wir haben die Heizkörper „Toaster“ genannt - hat erstaunlich gut funktioniert, so dass wir eher selten gefroren haben. Mir persönlich hat vor allem Platz gefehlt, Platz, um schnell einen Stuhlkreis zu machen oder Gruppentische zu stellen, Platz zum Theaterspielen, Platz, um SchülerInnen auf den Gängen arbeiten zu lassen oder auch Stauraum für Materialien und Requisiten. Das sterile Weiß haben wir mit Schülerkunst schnell bunt bekommen und mittlerweile sind auch schon die Gebrauchsspuren deutlicher zu sehen. Für die SchülerInnen der Unterstufe hatte der Umzug einen großen Vorteil: Da der Pausenhof ebenfalls verlagert wurde, ist ein städtischer Spielplatz, der an das Gelände anschließt, kurzerhand in den Pausenbereich integriert worden, das hat die Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten außerhalb des Gebäudes natürlich vergrößert und die Enge im Gebäude ein wenig kompensiert.

Die Innenwände des alten Schulgebäudes mussten komplett entfernt werden. Wie wird die Möglichkeit genutzt, dadurch neue Lernräume zu schaffen?

Soweit ich weiß, sind Schulbauten durch strenge Vorschriften geregelt, das heißt, das Land fördert Schulbauten nur, wenn diese sich nach den Verordnungen richten, in denen festgelegt ist, wie viele Quadratmeter jedem Schüler zustehen. Die Entscheidung für einen Umbau des alten Gebäudes wurde auch dadurch begründet, dass wir so mit dem alten Grundriss mehr Fläche behalten können, als wir durch einen Neubau genehmigt bekommen hätten. Neu wird sein, dass wir eine richtige Bühne bekommen, die zur Aula hin abtrennbar ist, so dass man in Ruhe proben kann. Außerdem bekommen wir einen eigenen Raum für die Schülerbücherei und im naturwissenschaftlichen Bereich soll es auch Optimierungen geben, so dass die Räumlichkeiten den Anforderungen für einen Unterricht mit hohem experimentellen Anteil gerecht werden und gleichzeitig verschiedene Sozialformen ermöglichen.

Bei den Planungen zur Neugestaltung des Schulgebäudes wurden pädagogische Konzepte des WSG und der Realschule berücksichtigt. Was sehen diese vor und wie wurden sie erarbeitet?  Wie wurden das Lehrerkollegium und die Schülerinnen hier miteinbezogen?

Der Plan für die Neugestaltung ist aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen, den die Stadt Rheinstetten ausgelobt hat. Letztendlich sind Schulneubauten oder Umbauten ja immer Entscheidungen des Schulträgers, also der Stadt, und die Schulgemeinschaft hat mal mehr, mal weniger Mitspracherecht. Bei uns ist das Lehrerkollegium indirekt über die Schulleitung und den Personalrat an Fragen zur pädagogischen Ausstattung beteiligt und die SchülerInnen wurden über VertreterInnen der SMV in die Gestaltung des Außenbereichs miteinbezogen.

Für die Sommerferien 2017 ist der Wiederbezug des neuen Schulzentrums geplant. Mit welchen Gedanken packen Sie die Kisten, um in das neue alte Schulgebäude zurückzuziehen?

Oh, da ich in diesem Schuljahr noch mehrere Projekt zu einem guten Abschluss bringen muss, beschäftige ich mich mit dem Umzug gedanklich noch nicht. Ich freue mich aber auf ein neues Zuhause, das wir nach und nach gestalten und in Beschlag nehmen können!

Interview: Alice Hipp, Ehrenamtliche bei der Stiftung Bildung

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