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Schultoiletten: „Seit Jahren regen Schüler und Eltern sich auf“

Stinkende Schultoiletten, ungepflegte Sanitärräume, versiffte Anlagen, die die Bezeichnung "Stilles Örtchen" nicht verdienen. Es gibt sie in vielen Städten und Gemeinden, quer durch alle Bundesländer. Wir stellen heute ein Beispiel aus Berlin-Spandau vor.

Mangelnde Wertschätzung der Verwaltung gegenüber ihren Schulen, auch das ist keine Berliner Spezialität, wie wir in vielen Gesprächen mit Eltern und Schulleitungen aus ganz Deutschland erfahren haben. Wenn der Eindruck entstand, in der Hauptstadt seien die Schulen ganz besonders kaputt, dann deshalb, weil Eltern hier keine Probleme (mehr) haben, die Missstände öffentlich zu verhandeln.

In Spandau bedurfte es einer Petition mit 300 Unterschriften, ehe sich der Amtsleiter zu einer Begehung bitten ließ. "Nun gilt es, die Tatsachen und Zusagen zu sichern", schreiben die Eltern. Laut bleiben ist das Gebot der Stunde. Nur nicht wieder vergessen werden.

Transparenz, Verbindlichkeit, Kommunikation auf Augenhöhe - viele Schulen kennen das nicht im Umgang mit ihren Schulträgern.

 

 

Die Grundschule am Brandwerder ist eine eher kleine staatliche Grundschule mit 300  Schülern. Sie ist zweizügig organisiert und bewohnt das Schulgebäude in der Spandauer Strasse 81 in Berlin Spandau. Das Gebäude ist ein Plattenbau aus den 70er Jahren. Die Schüler kommen aus dem näheren Umfeld sowie aus den Staakener Einfamilienhaussiedlungen.

Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule wird seit vielen Jahren durch einen Förderverein unterstützt und ist in den letzten Jahren zunehmend konstruktiver geworden. Die Elternschaft hat ein zunehmend gutes Verhältnis zur Schule, was sich in zahlreichen gemeinsamen Aktionen widerspiegelt.

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Wie in einem Bau der 70er Jahre nicht anders zu erwarten, sind die sanitären Einrichtungen sehr sanierungsbedürftig. So sind Toilettenartikel locker oder kaputt. Es mangelt an abschließbaren Zwischentüren. Handseifen und Toilettenpapier werden aus Ermangelung von Haltern oder Spendern in den Klassenräumen vorgehalten und müssen bei jedem einzelnen Gang von den Schülern mitgenommen werden.

Einige Zwischenwände sind mit der Zeit durch Feuchtigkeit aufgequollen. Fliesen über Toiletten sind so locker, dass die Schülerinnen sich nicht mehr trauen, darunter zu sitzen. Es sind offene Decken zu vermerken, die nach einer Rohrinstandsetzung nicht wieder verschlossen wurden. Im Laufe der Zeit sind durch neue Montage oder Versetzung einiger Sanitärmöbel Dübellöcher entstanden, die nicht verschlossen sind und mehr als nur den Dreck vom Abwischen anziehen. Den Bodenfliesen und vor allem den Fugen​ sieht man die ständige Belastung durch Schmutz und Putzmittel an. Teilweise blättern Fugen schon aus.

Die Sanierung der sanitären Anlagen ist ein Dauerbrenner bei den Eltern. Seit Jahren regen Schüler und Eltern sich auf. Die Sparmaßnahmen vergangener Regierungen haben den Sanierungsstau in Spandau auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag anwachsen lassen. Die Schulgebäude sowie im Grunde alle öffentlichen Einrichtungen wurden kaputt gespart.

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Zeit etwas zu verändern. Dieser Gedanke entstand in der Elternschaft der Grundschule am Brandwerder in den letzten Jahren. Mehrere Versuche durch einzelne Eltern, direkt im Amt bei Verantwortlichen der Schulverwaltung um Besserung zu bitten, blieben erfolglos. Zu Beginn des Schuljahres 2016/17 wurde in der Gesamtelternversammlung eine Arbeitsgemeinschaft gegründet. Ihr Ziel war es, eine Petition an der Schule abzuhalten, um ein Meinungsbild abzufragen und den Aktionismus zu kanalisieren. Das Ergebnis mit 320 Unterschriften kann sich sehen lassen.

Dieses Ergebnis wurde zum Anlass genommen, einen Vororttermin mit dem zuständigen Amtsleiter des Schulamtes in Spandau, Herrn Kempert, zu vereinbaren. Vor Ort hat sich Herr Kempert sehr schnell von der Notwendigkeit einer Sanierung überzeugt. Die eingangs beschriebenen Mängel konnte er zusammen mit seinem Mitarbeiter bestätigen.

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Im anschließenden Gespräch, an dem auch die stellvertretende Schulleiterin sowie der Hausmeister teilnahmen, ist auf drei Schwerpunktthemen eingegangen worden. Zunächst die Hintergründe und Umstände seitens des Amtes. Zudem die zu verbessernden Arbeitsweisen innerhalb der Schule. Und zuletzt die offenen Flanken beim sozialen Umgang mit öffentlichem Eigentum seitens der Schüler.

Nein, die Eltern erwarten keine goldenen Wasserhähne. Ja, die Schule wurde offensichtlich bei den Scans und Planungen vernachlässigt. Nein, eine kurzfristige Sanierung ist aufgrund der Planungssituation im Amt nicht möglich. Das Geld ist jedoch kein Problem. Ja, kleinere Mängel kann der Hausmeister im eigenen Ermessen beseitigen. Ja, auch für größere Dinge existiert im Amt ein Haushaltstitel, mit dem kleinere Mängel beseitigt werden können. Nein, der Zustand ist auf keinen Fall wegdiskutierbar. Ja, auch die Schüler und Eltern können notwendige Lernprozesse nicht von der Hand weisen. Denn sonst wird auch eine frisch sanierte Sanitäranlage nach kurzer Zeit wieder so aussehen.

Herr Kempert sicherte zu, noch im laufenden Jahr die Planung für die Sanierung der sanitären Anlagen umsetzen zu können. Zeitgleich soll ein Budget für das nächste Jahr gesichert werden. Die Eltern sollten sich darauf einstellen, dass in den Sommerferien 2018 mit der Sanierung begonnen wird und sicher einige Alltagsbehinderungen noch im Schuljahr 18/19 zu erwarten sind. Des Weiteren möchte er regelmäßig durch die Arbeitsgemeinschaft auf dem Stand der Dinge gehalten werden.

Abschließend lässt sich zusammenfassen: Ohne die gemeinsame, gezielte Aktion der Unterschriftensammlung und den Schulterschluss mit der Schulleitung und dem gesamten Kollegiat wäre dieser wichtige Meilenstein nicht erreicht worden.

Nun gilt es, die Tatsachen und Zusagen zu sichern. Den Druck durch Veröffentlichungen aufrecht zu erhalten.

Ein Artikel im Berliner Abendblatt / Spandauer Volksblatt war der Anfang. Das Angebot der Stiftung Bildung, einen Blogbeitrag zu veröffentlichen, ein weiterer Schritt.

Uns ist bewusst, dass die Grundschule am Brandwerder in einer langen Reihe von Sanierungsobjekten im schulischen Bereich steht. In den Bezirkselternausschüssen kämpfen Eltern von 40 Schulen regelmäßig um einen guten Platz in dieser Reihe. Schulleiter versuchen nach ihren Möglichkeiten dasselbe.

Hier werden die verstaubten Felder beackert, welche Jahrzehnte des Sparens hervorgebracht haben.

Hoffen wir auf dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung und verteidigen wir unseren Platz in der Reihe!

Daniel Kape
Elternvertreter

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