Seit Januar 2016 wird an der Wilhelm-Hauff-Grundschule im Berliner Stadtteil Wedding unübersehbar saniert – die Plane, die das ganze Gebäude verhüllt, wäre eines Christo würdig. Die sich hinziehenden Baumaßnahmen haben jedoch spürbare negative Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Schülerinnen.
Die Gründe dafür sind nicht Lärm und Schmutz allein. Als belastend empfindet das Kollegium vor allem die mangelnde Kommunikation mit den planenden und koordinierenden Stellen in der Verwaltung. Weil die Pädagoginnen nicht einbezogen wurden, ist der Fluchtwegeplan zwar theoretisch in Ordnung, in der Praxis aber unpraktikabel. Neugierige Grundschulkinder müssen von lose hängenden Kabeln ferngehalten werden. Oder: Für ausgebaute Einbauschränke gibt es keinen Ersatz.
Das geht doch besser? Redet mit den Schulen, bezieht Kinder und Erwachsene mit ein. Nehmt ihre Bedürfnisse ernst. Dann klappt's auch mit den Bauarbeiten...
Wir leben und arbeiten seit anderthalb Jahren auf einer Großbaustelle: Die gesamte Gebäudehülle wird restauriert, insbesondere wird unsere historische Hermann-Blankenstein-Fassade, die noch Schäden aus dem zweiten Weltkrieg aufwies, unter Denkmalschutz- und Sicherheitsaspekten aufgearbeitet. Dann müssen vor allem im Keller Feuchtigkeitsschäden und die Folgen der Nutzung als Luftschutzbunker während des Kriegs beseitigt werden; und schließlich wird auch das Dach umfassend saniert.
Natürlich sind wir froh, dass nach 35 Jahren, in denen praktisch nichts geschehen ist, diese dringend notwendigen Maßnahmen jetzt aus SIWA-Mitteln durchgeführt werden können. Unser großes Problem sind die massiven Belastungen und praktischen Probleme, denen wir täglich durch den Bau ausgesetzt sind. Vieles davon wäre vermeidbar gewesen, hätte man bei der Planung rechtzeitig den Kontakt zu den Hauptbetroffenen – den Schülern, den Lehrern, der Schulleitung – gesucht.
Ein eklatantes Beispiel: Mit dem Fortschreiten der Sanierungsarbeiten mussten wiederholt unsere die Flucht- und Evakuierungspläne angepasst werden. Das darf die Schule nicht eigenverantwortlich tun, die Pläne werden von der zuständigen Behörde erstellt. Wenn morgen hier ein Brand ausbricht, müssen 423 Kinder das Gebäude durch eine enge Tür im Untergeschoss verlassen, die durch einen schmalen Durchgang direkt in einen Bauzaun führt, bevor man, an einem Brunnen vorbei, endlich den Hof erreicht. Praktisch ein Ding der Unmöglichkeit.
Oder die Kabelbündel in den Fluren: Als nicht eingeplante Folge der Dacharbeiten mussten auch große Teile der elektrischen Leitungen erneuert werden. Weil das Ganze eigentlich nicht vorgesehen war, hängen die Kabel jetzt immer noch an mehreren Stellen in großen Bündeln frei herunter – welches Grundschulkind kann sich beherrschen und zieht nicht doch einmal daran, um zu sehen was passiert? Oder es werden in einem Raum alle Einbauschränke herausgerissen, aber der Einbau von Ersatz nach der Sanierung ist nicht vorgesehen. Woher nehmen wir jetzt das Geld für neue Schränke, die wir dringend brauchen? Auch die mangelnde Sauberkeit ist ein Problem: zu dem permanent bestehenden Problem der Grundreinigung der Schule kommt jetzt noch der Bauschmutz, unter dem alle Kollegen leiden. Von der permanenten Lärmbelastung wollen wir nicht reden.
Weil in der Schule ohnehin Platzmangel herrscht, und es seit längerem schon keine Container mehr gibt, in die Klassenräume ausgelagert werden könnten, sind immer einige Klassen am Umziehen. Das schafft viel Unruhe unter den Kindern, das merken wir Lehrer sehr deutlich. Die Gewaltbereitschaft unter den Schülern hat in den letzten Monaten spürbar zugenommen. Auch die Kollegen, in deren Aufenthaltsraum die Decke im Moment zur Hälfte fehlt, fühlen sich zunehmend unter Stress.
Aber die eigentlichen Ursachen liegen tiefer: fehlende Erfahrung bei vielen Zuständigen, mangelnde Absprachen zwischen den Ämtern der Stadt Berlin, und als Resultat kaum Kooperation mit der Schule bei der Planung. Das Wollen ist sicher da, das Geld auch - aber bei der Durchführung hapert es massiv.
Lehrerin an der Wilhelm-Hauff-Grundschule